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Weinkultur

Pulkautaler Winzer*innen von Weingut Himmelbauer und Domäne Baumgartner im Gespräch mit Michael Längle

Das besondere an der Österreichischen Weinkultur ist für Sommelier Michael Längle ihre Vielfalt. Weltweit besitzt der österreichische Wein einen exzellenten Ruf. Es gibt kleine und große Betriebe. Diese können durch individuelle Anbau und Produktionsmethoden ihre besondere geschmackliche Noten erzeugen.
Die Vielfalt verbunden mit einer friedlichen Koexistenz kommt in der freundschaftlichen Zusammenarbeit von Eduard und Elisabeth Himmelbauer mit der Familie Baumgartner zum tragen. Beide Betriebe sind mehrere hundert Jahre alt und setzten sich gemeinsam für die Qualität der regionalen Weinproduktion ein.

Die österreichische Weinbau Tradition reicht bis ins 8. Jahrhundert zurück. Sie wurde von den Illyrern eingeführt und durch die Kelten weiter betrieben. Bei den Römern finden wir dann den Weinbau erstmals in organisierter Form. Sie hätten Längle zufolge ausserdem ihre Truppen in Carnuntum mit Wein versorgt. Einerseits konnten sich die Krieger Mut antrinken, andererseits wurden sie vor Vergiftung bewahrt. Das Wasser war häufig verseucht. Beim Wei hingegen wurden die Bakterien während der Gärung unschädlich gemacht.

Eduard Himmelbauer setzt sich seit vielen Jahre für eine Zusammenarbeit mit der Natur ein. In seiner Praxis als Bio-Weinbauer greift er auf das Wissen von Jahrhunderte alten Traditionen zurück. In Untermarkersdorf werde Wein schon seit mehr als tausend Jahren angebaut. Erst im 20. Jahrhundert sei die Verwendung sogenannter „Pflanzenschutzmittel“ üblich geworden. Diese seien eine Erfindung der modernen Wirtschaft. Mikroorganismen, die den Boden beleben und die Pflanze mit Nährstoffen versorgen starben durch die Behandlung ab. Nach kurzer Zeit wurden die Reben von den chemischen Lösungen abhängig und brauchten immer mehr davon. Das natürliche Gleichgewicht der Böden wurde und die Qualität des Weines habe gelitten. Auch Längle bestätigte, dass Betriebe ohne Tradition, die Wein als reines Wirtschaftsgut ansehen, Raubbau an der Natur betreiben. In kaputten Böden entsteht eine enorme Kompression. Diese kann nur dadurch behoben werden, dass man regelmäßigen mit Maschinen tief in die Erde hineingeht. Diese trocknet Erde innerhalb kürzester Zeit aus und muss massiv bewässert werden. Nur unter dem Einsatz von großen Mengen an Kunstdünger kann überhaupt noch etwas wachsen.
Der Umstieg war für Himmelbauer nicht einfach. Die auf Pflanzenschutzmittel spezialisierten Konzerne, waren zur Beratung nicht bereit. Verkäufer, mit denen der Winzer über Jahre hinweg zusammengearbeitet hatte, seien einzig daran interessiert ihre Produkte zu verkaufen. Auch die Pflanzen hätten sich entwöhnen müssen. Es dauerte mehrere Erntezyklen bis der Boden sich erholte. Laut Himmelbauer ist dieser jedoch sein stärkster verbündeter im Weinbau. Die obersten 20-30cm Erde müssen voller Leben sein. Dadurch ist die Pflanze weniger anfällig für Pilze und Viren. Der Winzer begrünt die Fahrgassen zwischen den Reben das gesamte Jahr über. Dies wirke Bodenerosionen entgegen und diene Predatoren als Nahrung, welche sich von Schädlingen ernähren. So muss das Ungeziefer kaum durch den Menschen bekämpft werden und der Wein wächst in einer gesunden Umgebung auf. Folglich ist es deutlich nachhaltiger nicht mit Chemikalien in die Natur einzugreifen. Die Böden laugen nicht aus und bewahren ihre eigene Kraft. Das ist notwendig, um Weinbau über Jahrhunderte hinweg zu betreiben. Erst so wird gewährleistet, dass sich auch kommende Generationen von Winzern ernähren können.

Die Domäne Baumgarten ist der größte Weinproduzent in Österreich. Trotzdem sind die Weine wie Längle bestätigt Unikate. Katharina Baumgarten betont, dass eine enge und faire Zusammenarbeit mit den Zulieferern der Tauben wichtig ist. Sie wird häufig von kleineren Weinbauern geleistet, welche derzeit jedoch mit niedrigen Preisen für ihre Frucht zu kämpfen haben. Das ist auch für die Produzenten problematisch. Ein großer Betrieb wie die Domäne Baumgartner, ist darauf angewiesen, dass kleinere Bauern von ihrer Ernte leben können.
Die Junior Winzerin Katharina greift durch ihre Ausbildung in der Obstbauschule nicht nur auf ein fundiertes Wissen zurück, sondern arbeitet auch kreativ an der Weiterentwicklung und Verbesserung im Familienbetrib. Eine ihrer berühmtesten Kreationen ist die „Rosenkönigin“ bzw. die Symbiose von Weinproduktion und Musik. Die Idee stammt von einem befreundeten Philharmoniker. Er schlug vor den Wein während der Gärung mit Musik zu beschallen. Geschmacklich habe dies jedoch keinen Unterschied ergeben. Während der Gärung steigt CO2 auf, was bereits eine Bewegung bewirkt. Nun jedoch werden die Lautsprecher nach Ende des Gärungsprozesses in den Kanister herabgelassen. Die Hefe seie dann zu Boden gesunken und wird durch die Schwingung der Musik wieder in Bewegung versetzt. Das Aufrühren der Hefe wird als „Battonage“ bezeichnet. Der Effekt wird üblicherweise durch einen maschinellen Schüttelmechanismus erzeugt. So bekommt der Wein ein cremiges, vollmundiges Aroma. Zudem muss weniger Schwefeldioxid hinzugegeben werden, da die Hefe Verfärbungen entgegenwirkt.

Wie Fritz Krinzinger und Michael Längle betonen, hat die Beziehung von Dichtung, Kunst, Musik und Wein eine lange Tradition. Die Griechen schreiben die Einführung des Weines Dionysus zu. Er galt als Gott des Rausches und der Freude. Nietzsche verknüpft das Dionysische außerdem mit der Musik. Die mythologische Episode ist auf einer antiken Tonschale dargestellt. Sie zählt zu einem der bekanntesten Werke griechischer Keramik und stammt wahrscheinlich aus dem 5. Jahrhundert vor Christus. Möglicherweise ist ein Motiv aus dem 7. Homerischen Hymnus dargestellt. Dionysos wird darin von Piraten gefangen genommen und überredet sie ins Wasser zu springen. Dann verwandelte er die Männer in Delfine und lässt am Mast des Schiffes eine große Rebe wachsen. So kam das Getränk aus dem vorderen Orient an die europäische Mittelmeerküste. Krinzinger bestätigt, dass in Jericho durch große Mengen an Keimen eine Kultivierung von Weinpflanzen schon im 6. Jahrtausend vor Christus nachgewiesen werden kann. Wein sei damit eine der ältesten Kulturpflanzen weltweit.

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(c) All Creative Commons License, wikimedia.org, Exekias Dionysos Staatliche Antikensammlungen.

Im Anschluss an die Diskussion besichtigen die Gäste den Weinkeller beider Betriebe.

 

Die meisten Fässer im Keller des Weinguts Himmelbauer sind leer. Sie stammen aus Zeiten, in denen man aus ökonomischen Gründen noch nicht darauf angewiesen war, den Wein direkt zu verkaufen.

 

Im Keller der Domäne Baumgartner lagern bis zu 150 000 Flaschen Wein. Er umfasst rund 500 Laufmeter und hat eine konstante Temperatur von 80 Grad. Jedes Jahr werden einige Exemplare jener Weine eingelagert, deren Zusammensetzung gewährt, dass sie auch nach 100 Jahren noch schmecken. Nicht jeder Wein eigne sich laut Katharina Baumgartner für die Aufbewahrung. Erst nach 70 Jahren werden die Flaschen wieder verkauft. In Österreich gäbe es viel frischen Wein, doch aus persönlichem Interesse oder für Forschungszwecke, sei es attraktiv den Geschmack älterer Jahrgänge nachvollziehen zu können.

 

Der Schwarze Schimmel im Keller der Domäne Baumgartner ist nicht gesundheitsschädlich. Er wurde bewusst aus einem anderen Keller entnommen und in den Fugen verstrichen, damit er sich hier ansiedelt. Er verhindert die Bildung von gesundheitsschädlichem, weissen Schimmel. Ausserdem wirkt er geruchsneutralisierend und reguliert die Luftfeuchtigkeit.

 

Kleine Steinskulpturen sind im gesamten Keller zu finden. Sie stellen Namenspatrone von Ahnen der Familie Baumgartner dar. Auch für Katharina Baumgarner wurde bereits eine Statue aufgestellt. Sie ist die einzige Frau.Abb. fIn dem Weintank sind vier übereinander liegende Lautsprecher angebracht. Nur so kann die gesamte Flüssigkeit in seinem Inneren von den Schallwellen bewegt werden.Zu Beginn wurden nur Kompositionen eines befreundeten Musikers eingesetzt, der für das benachbarte Romantik Theater arbeitet. Durch die Arbeiten mit verschiedenen Interpreten und Genres hat sich für Katharina Baumgarner jedoch ein ganz neuer Markt erschlossen. Zurzeit koorperiert die junge Winzerin mit dem puertorikanischen Sänger José Feliciano, der durch sein Lied „Feliz Navidad“ bekannt wurde.

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